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Vermutlich bin ich ein Nazi… 23. Oktober, 2015

Posted by Rika in einwanderung, flüchtlinge, integration, islam, meine persönliche presseschau, politik.
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… dabei bin ich seit 35 Jahren SPD-Mitglied und auch meinem Selbstverständnis nach sozial und demokratisch.

Christin bin ich auch.

In manchen Situationen hat das für Irritationen gesorgt. In meinem Ortsverein wurde immer heftig gegen Christen gestänkert, auch in meiner Gegenwart, bis es mir eines Tages zu viel wurde und ich mir das  verbat  –  mit dem Hinweis darauf, gläubige Christin zu sein. Da schluckten die Genossen.  Bei mancher schönen Freizeit mit vielen netten Frommen kam auch das Gespräch auf Politik und die Sozis – auch fromme Christen können stänkern, bis ich die Katze aus dem Sack ließ und mich als „Soze“ zu erkennen gab. Da schluckten die Frommen.

Freikirchlich bin ich auch. Als junges Mädchen machte ich die Erfahrung, dass ich von meinem Religionslehrer als (noch nicht) Getaufte vor der versammelten Klasse als „Heidin“ bezeichnet wurde. Ich setzte mich mutig zu Wehr. Vielleicht schluckte auch der Lehrer, das habe ich damals nicht so genau wahrnehmen können, es war mir auch völlig schnuppe.

Solchermaßen sozialisiert und erfahren glaubte ich mich auf der sicheren Seite was  Nazis und Rassismus angeht. Ich könnte jetzt noch weitere Pluspunkte ins Spiel bringen, die ganz sicher stellen würden,  dass ich bestimmt kein Nazi bin, ja, gar keiner sein kann. Aber alle diese „Beweise“ könnten vermutlich mit der ganzen verbalen Macht derjenigen, die ganz bestimmt keine Nazis sind, aber ca 30% oder mehr der deutschen Bevölkerun dafür halten, mühelos in ihr Gegenteil verkehrt werden. Deshalb lass ich die mal außen vor.

Nein, was mich in diesen Tagen befürchten lässt, doch ein Nazi zu sein, ist die einfache Tatsache, dass ich die Flüchtlingskrise mit Sorge betrachte. Ich gehöre nicht zu denjenigen die meinen, wir müssten oder sollten die halbe Welt retten – ob wir das können und schaffen oder nicht. Ich bin auch nicht der Meinung, dass alle verabredeten Übereinkünfte der EU-Staaten wegen der anhaltenden Bestrebungen vieler Menschen (in zugegebenermaßen schwierigsten Bedingungen) nach Deutschland zu kommen  außer Kraft gesetzt werden müssten oder dürften. Noch leben wir in einem Rechtsstaat und ich hoffe doch sehr, dass das so bleibt. Auch finde ich nicht, dass Deutschland farblos oder gar einfarbig ist und darum unbedingt und um den Preis des friedlichen Miteinanders „bunter“ werden muss. Selbst bei mir auf dem Land am Rand der großen Stadt finde ich es jetzt schon schön bunt. Von mir aus kann das so bleiben. Ich stimme auch nicht mit vielen Kirchenoberen überein, die meinen Imame könnten getrost in Kirchen Allah anrufen und sowieso sei es völlig gleichgültig an wen wir glauben und zu wem wir beten. An der Stelle bin ich ziemlich eindeutig, wie man an vielen meiner Blogbeiträge zum Thema Islam unschwer erkennen kann. Und wenn es spießig ist, Deutschland als meine Heimat zu betrachten, mein Land schön zu finden und es zu lieben, dann bin ich bestimmt ein Spießer, wobei ich schon Wert darauf legen, dass zu meinem Inventar der Spießigkeit keine Gartenzwerge gehören, wohl aber ein gepflegtes Gärtchen und dass ich ein winziges Deutschlandfähnchen habe (seit dem Sommermärchen), das ich zu fussballerischen Weltereignissen sogar aus dem Kellerverlies hervorhole und es dezent im heimischen Garten zur Schau stelle.

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Dass ich immer wieder mal aus gegebenem Anlaß mit einem Israelfähnchen spazieren gehe, fällt wohl eher nicht auf patriotisches Spießertum, oder?

Alle diese von mir genannten Merkmale treffen aber auf Menschen zu, die nach Meinung eines Kommentators im Deutschlandfunk ganz eindeutig als „Nazis“ anzusehen sind. Jedenfalls traf mich heute beinahe der Schlag, als ich das hörte und mir eingestehen musste:

Mensch, Rika, du bist ein Nazi.

Wer hätte das gedacht. Man lernt doch immer noch was dazu über sich und die Welt. Und an Leuten wie mir, so sagte der Mann im Radio, liegt es, dass Flüchtlingswohnheime brennen und Fremdenhass zunimmt. Das hätte ich ja nun erst recht nicht vermutet. Ich bin noch nie auf die Idee gekommen ein Flüchtlingswohnheim anzuzünden oder gegen Ausländer zu hetzen.  Ausländerhetze wird einem allerdings schon dann attestiert, wenn man kritisch dem Islam gegenüber steht.  Eine kritische Haltung zum Christentum, zu Bischöfen und Päpsten wird zum Glück aber weiterhin als notwendig und legitim angesehen, es gilt der  kirchlichen Obrigkeit und dem missionierenden Kolonialismus entschieden entgegen zu treten und den christlichen Glauben zu brandmarken als ein Hindernis für Fortschritt und Wissenschaft.  Bei Islam ist das jedoch ganz anders. Da ist man mit einer kritischen Einstellung  bereits ein Rassist, wie ich unlängst hörte. Wobei mir allerdings noch nicht bekannt war, dass „Islam“ eine Rasse ist. Da habe ich wohl in der Schule nicht aufgepasst. Früher dachte ich, Islam sei eine Religion, in letzter Zeit denke ich eher, dass es sich  bei „Islam“ um eine religiöse Ideologie mit faschistischen Anklängen handelt –  Hamed Abdel Samad hat ein Buch darüber geschrieben, ich habe es gelesen.

Wie dem auch sei, der Mann im Radio macht Leute wie mich für schreckliche Sachen verantwortlich.

Dabei will ich nur in Ruhe und Frieden in diesem Land leben, tue niemandem etwas zu leide und rufe weder zu Anschlägen gegen Flüchtlinge noch zum Sturz der Regierung auf.

Ich gehe noch nicht einmal abends in meinem Dorf spazieren, geschweige denn in Dresden.

Kommentare»

1. Paul - 23. Oktober, 2015

Liebe Rika,
da hast Du uns aber ganz tief in Deinen „Wäscheschrank“ schauen lassen. Ich kann Dich sehr gut verstehen, weil ich mich der gleichen „Fraktion“ zugehörig fühle. Zu den selbständig, kritisch Denkenden. Sehr vielen DDR-Bürgern, waren Wohlstand und Reisen („Visafrei bis Hawai“, stand am 4.11.89 auf einem Transparent.) das Wichtigste. Unsere Pfarrei ging hinter dem Schild „Freie Wahlen“. Das war das Synonym für Meinungsfreiheit. Diese Meinungsfreiheit war und ist für mich ein sehr hohes Gut. In der DDR habe ich viele Nachteile in kauf genommen, weil ich „meinen Mund nicht halten konnte“.
Jetzt sehe ich diese Meinungsfreiheit wieder bedroht. Gabriel nennt mich Pack, andere Nazi. Aber und das kannst Du mir glauben, meine Meinungsfreiheit lasse ich mir nicht nehmen. Es kann sein, dass meine Meinung von anderen für falsch gehalten wird. Aber damit müssen sie und ich umgehen. Verbieten lasse ich mir die Meinungsäußerung deshalb nicht.
Leider sehe ich im Augenblick eine zunehmende Erodierung unseres Rechtsstaates. Bezüglich der Abschiebung abgelehnter Asylbewerber herrschte schon bisher weitgehende Rechtlosigkeit. Rechtlosigkeit? Das nicht anwenden von Gesetzen ist für mich Rechtlosigkeit.
Jetzt will die Regierung durch ein neues Gesetz diesen Zustand beseitigen. Wir brauchten kein neues Gesetz, sondern die stringente Anwendung des alten. Was passiert mit dem neuen Gesetz? Meinst Du wirklich, dass es angewendet wird? Höre nur mal, was unser Justizminister zum Thema zu sagen hat. Ich kann „zwischen den Zeilen lesen“ und auch hören.

Herzlich, Paul

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2. caruso - 23. Oktober, 2015

Wenn Du Nazi bist, liebe Rika, dann bin ich es auch. Mein Eindruck aus der Ferne ist, daß D bzw. seine Politiker&Medienleute immer verrückter werden. Außerdem haben sie nie Geschichte gelernt, denn wie es scheint, haben sie keine Ahnung, was „Nazi“ heißt. Sie wissen nur, daß es ein Schimpfwort ist wie in viel zu vielen Schulen „Jude“. Sind sie in der Ausübung ihres Berufs so – gelinde gesagt – dumm geworden oder waren sie früher schon so? – Ich hetze, habe es nie gemacht, weder gegen Deutsche noch gegen Araber. Ich kenne die Fakten, auch wenn nicht alles und das reicht mir, um meine Meinung zu bilden. Zu dieser Meinung gehören weder Haß noch Abscheu. Was wollte ich noch?…
Mittendrin vergaß ich es. Das gehört auch zu den Freuden des Alters.
Sch….benhonig! damit ich mich fein ausdrücke.
lg
caruso

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3. AMC - 24. Oktober, 2015

Liebe Rika, bei der Gelegenheit diesen Beitrag zu studieren, traf ich auf die schöne und auch nicht schöne Schilderung Deines Fahnenspaziergangs durch Hannover. Ich möchte Dir gratulieren, wie lange Du Deinen Blog schon betreibst, denn so ein Elan ist nicht selbstverständlich. Denke daran, wie wichtig ein Blog für diejenigen ist, die ihn regelmäßig lesen. Man gehört dann sozusagen zur Familie, und ich trauere bei der Gelegenheit um diejenigen, die ihre Blogs abrupt abgebrochen haben.
Die Frage oder Feststellung, ob Du ein „Nazi“ wärst, ist sicher provokativ gemeint. Sie deutet aber darauf hin, wie hier die so genannten Debatten geführt werden. Demjenigen, der nicht 100-% ig der gleichen Meinung ist oder eine komplexe Angelegenheit von mehreren Seiten betrachtet, wird ein vernichtendes Attribut zugewiesen um ihn zum Schweigen zu bringen. Davon wirst weder Du noch wir anderen Blogschreiber uns beirren lassen.
Trotzdem stelle ich mir immer wieder die Frage: woher kommt dieses starre, unflexible Denken, das nur darauf angelegt ist, den anderen „herab zu machen“ und nicht die Wahrheit zu finden. In Bezug auf die augenblickliche Situation würde ich sagen: Pegida und die hohe Moral der Kanzlerin usw. sind zwei Seiten einer Medaille, sie bedingen sich gegenseitig.
Gruß Anne

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4. Rika - 25. Oktober, 2015

„Pegida und die hohe Moral der Kanzlerin usw. sind zwei Seiten einer Medaille, sie bedingen sich gegenseitig.“

So sehe ich das auch, liebe Anne

Ja, liebe Caruso, auch deinen Eindruck zunehmend verrückter werdender Deutscher teile ich…

und auch Dir, lieber Paul, stimme ich hinsichtlich des zerbröselnden Rechtsstaates zu…

Es sind nicht gerade Mut machende Zeichen der Zeit…

Ich werde auch weiterhin schreiben 🙂

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