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Der Kommentar der Schande… 25. Januar, 2020

Posted by Rika in aktuell, antisemitismus, gesellschaft, HOLOCAUST, israel, judentum, medien, politik, presse.
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Es ist ein Kommentar der Schande.

Und damit er nicht verloren geht und wir uns auch in 5 Jahren noch daran erinnern können, wer und wie im öffentlich-rechtlichen Rundfunk über Israel und den Holocaust  schreiben und / oder reden   darf und mit unsäglichen Worten die überheblichste und  mieseste Stellungnahme zum Holocaustgedenktag geschrieben hat, die ich je gelesen habe, teile ich diesen furchtbaren Text.

 

 

Leider eine vertane Chance
Stand: 23.01.2020 18:43 Uhr

„An Bundespräsident Steinmeier lag es nicht: Der Gedenktag in Yad Vashem wurde von den egoistischen Auftritten Israels und Russlands überschattet. Eine vertane Chance im Kampf gegen Antisemitismus.
Ein Kommentar von Sabine Müller, ARD-Hauptstadtstudio, zzt. Jerusalem

Dieser Tag in Jerusalem sollte ein Tag des würdigen Gedenkens sein und ein eindrucksvolles Signal für den gemeinsamen Kampf gegen Antisemitismus. Wie traurig, dass das nicht überzeugend geklappt hat. Ja, vieles war würdig und überzeugend, und dazu hat der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier beigetragen.
Er wurde den Erwartungen an den ersten Redeauftritt eines deutschen Staatsoberhaupts in Yad Vashem gerecht und hielt als Vertreter des Landes der Täter eine beeindruckend einfühlsame und klare Rede – und das auf Englisch, wohlgemerkt. Eine Rede über deutsche Schuld und deutsche Verantwortung, darüber, dass es keinen Schlussstrich unter das Erinnern geben darf und über die traurige Erkenntnis, dass Deutsche 75 Jahre nach Auschwitz nicht immun sind gegen das Böse. Wie sagte Steinmeier richtig: Der Antisemitismus von heute habe zwar andere Täter und benutze andere Worte, es sei aber trotzdem „dasselbe Böse“. Das war würdig.
Unwürdiges Verhalten von Israel und Russland
Unwürdig war dagegen, wie Israel und Russland diesen Gedenktag teilweise kaperten. Wie sie vor der offiziellen Veranstaltung sozusagen ihre eigene politische und erinnerungspolitische Privatparty feierten – mit neuen Verbalattacken gegen Polen und demonstrativ überlangen bilateralen Gesprächen zwischen Ministerpräsident Benjamin Netanyahu und Präsident Wladimir Putin.
Wie sie die Einweihung eines Denkmals zur Erinnerung an die Belagerung Leningrads gnadenlos überzogen, wie sie 90-jährige, 100-jährige Holocaust-Überlebende eine Dreiviertelstunde lang in Yad Vashem warten ließen wie bestellt und nicht abgeholt – und dazu noch mehr als 40 Staats- und Regierungschefs.
Was ein würdiger Tag mit eindrucksvollen Signalen sein sollte, hinterlässt einen schalen Nachgeschmack, allen warmen Worten von „Nie wieder“ bei der Gedenkfeier und allen Beschwörungen der Einigkeit zum Trotz. Wie damals bräuchte es auch heute eine konzertierte, gemeinsame Anstrengung gegen neuen Antisemitismus, gegen neues völkisches Denken.
Es bleiben etliche Zweifel

Aber es sind Zweifel angebracht, wie viel internationale Einheit wirklich da ist und wie sehr letztlich nicht doch nationale Eigeninteressen dominieren. Dass Putin und Netanyahu immerhin ihre Auftritte bei der Gedenkveranstaltung in Yad Vashem eklatfrei hinter sich brachten, ändert nichts an diesen Zweifeln.
Und es sind Zweifel angebracht, ob aus dem Erinnern an diesem Tag und an denen, die in den nächsten Tagen noch folgen, ob aus all den nochmal erzählten herzzerreißenden Schicksalen der Toten und Überlebenden, ob daraus tatsächlich konkrete Schritte folgen, mit denen der grassierende weltweite Antisemitismus zurückgedrängt werden kann. Und so war dieser Gedenktag letztlich leider auch eine vertane Chance.“

Soweit der Kommentar Sabine Müllers vom Hessischen Rundfunk.

„Unwürdig war dagegen, wie Israel und Russland diesen Gedenktag teilweise kaperten.“

Hat man je so einen Satz lesen müssen, einen Satz, der nicht etwa die Täter beschuldigt wegen ihrer unvorstellbaren Morde, Brutalitäten, Verstümmelungen, Folterungen und ihrem schrecklichen, unmenschlichen Vernichtungswahn in jeder nur denkbaren Form nachgegangen zu sein, sondern ein Satz, der den Opfern und deren Angehörigen gilt?

1992 war ich zum ersten Mal in Israel und zum ersten Mal in Yad Vaschem, blind vor Tränen in der Halle der ermordeten Kinder, stumm vor Entsetzen in der Ausstellung der Dokumente, die das unvorstellbare Grauen der Lager und der Vernichtung bezeugen – bis heute. Die Wucht der – natürlich – in Deutsch verfassten Briefe und Protokolle, die den ganzen unfassbaren Wahn nicht nur der „Täter vor Ort“ in den Lagern, sondern den der Zuträger und Mitläufer in jeder noch so kleinen Stadt und Gemeinde Deutschlands für alle Zeiten offen legen, traf mich tiefer, als ich es je hätte vermuten können.

Es ist ausschließlich das Verdienst Israels, diese Zeugen der Geschichte zusammengetragen und der Welt zugänglich gemacht zu haben, Zeugen einer Geschichte des Grauens und der Finsternis, wie sie schlimmer nicht sein könnte.

Und da kommt diese Person daher und redet davon, Israel habe den Gedenktag teilweise gekapert? Hat sie denn nicht das kleinste Gespür für die Ungeheuerlichkeit dieses Vorwurfs? Mehr noch für die Dimension dessen, was Yad Vaschem bedeutet?

Ich kam damals nach Yad Vaschem nicht als Unwissende. Ich hatte mich mit der Geschichte des Antisemitismus, mit der Judenverfolgung in all den Jahrhunderten vor der Shoa beschäftigt und glaubte, auch alles über die Shoa zu wissen…. dieses „wissen“ bezog sich, wie ich sofort spürte, auf die rein verstandesmäßige Erfassung des Verbrechens, und obwohl ich immer schon  emotional von dem berührt war, was ich gelesen und erfahren hatte, diese unmittelbare Begegnung mit den Tätern durch ihre eigenen  Dokumente ihrer „Taten“ traf mich wie ein Schock. Ich wurde mit den Abgründen „meines Volkes“ konfrontiert und ich spürte, dass ich mich dem niemals würde  entziehen können – obwohl ich, 1949 geboren, nicht selbst zu den Tätern gehörte, aber vielleicht – und das ist doch die Frage, die wir uns bei allem Bekennen zu „nie wieder“ stellen müssen – doch die „DNA des Verbrechens“ in mir trage.

Können wir Nachgeborenen denn wirklich so sicher sein, wie wir uns im Tausendjährigenreich verhalten hätten? Wären wir begeistert gewesen von nächtlichen Fackelaufmärschen, Lagerfeuerromantik, feurigen Reden? Hätten wir heimlich oder sogar offen eingestimmt in „kauft nicht bei Juden“ (zeigt nicht die Anhängerschaft der BDS-Bewegung gerade in Deutschland, dass dieses Virus immer noch sehr virulent ist?)? Wären wir Zuträger gewesen für die GESTAPO und hätten wir Menschen mit abweichenden Meinungen „gemeldet“, wohl wissend, was Regimegegnern passierte? Oder wären wir abgetaucht in die innere Emigration, stumm geworden, unsichtbar? Hätten wir zu denen gehört, die sich mutig dem Geist des Nationalsozialismus entgegen stellen?

Und diese Person stellt sich hin und lobt unseren Präsidenten, den Repräsentanten des Tätervolkes und doch und gleichzeitig den Präsidenten, der mit den Mullahs kungelt, die Israel vernichten wollen und der sich vor dem Judenmörder Arafat verneigt und hebt die Würde seiner Rede hervor, während sie Netanjahu bezichtigt, den Gedenktag zu kapern!

„Dass Putin und Netanyahu immerhin ihre Auftritte bei der Gedenkveranstaltung in Yad Vashem eklatfrei hinter sich brachten, ändert nichts an diesen Zweifeln.“

Diese Person stellt mit ihrer Wortwahl – und das sicherlich mit voller Absicht – den Ministerpräsidenten Israels in eine Reihe mit den Despoten der Welt und tröpfelt das Gift ihres Hasses zielsicher mit jedem Wort in die unkritischen Ohren ihrer Zuhörer. Es sind Worte wie „immerhin“ oder „Auftritt“ die in diesem Zusammenhang eine suggestive Kraft der Verachtung entfalten. Sabine Müller wählt sie und nutzt sie wie weiland die Journalisten des „Stürmer“, um die unterschwelligen Gefühle zu aktivieren, die den Judenhass befeuerten.

Es macht mich fassungslos, ohnmächtig und beinahe stumm.

Es sind die ekelhaften Kommentare wie dieser, die dem Antisemitismus in Deutschland einen gehörigen Schub verleihen können, weil sie genau das Muster bedienen, das den heutigen Antisemitismus aller Orten aufblühen lässt wie Primeln am ersten Frühlingstag.   „Wir sind doch die Guten. Wir haben aus der Geschichte gelernt, aber  „Seht her, die bösen Juden in Israel versauen uns den schönen Gedenktag, der an unsere unermesslich schrecklichen Taten erinnert, aus denen WIR  gelernt haben, „nie wieder“ zu sagen. Nur die Juden wollen dieses „NIE WIEDER“ einfach nicht mitmachen, die stören unsere feierliche Totenklage.“

Nie, nie, niemals wieder möchte ich eine Rede unserer Politiker zum Holocaustgedenktag hören, solange dieser Kommentar nicht öffentlich, laut und deutlich von den Spitzenpolitikern aller Parteien, von der Kanzlerin, dem Präsidenten und der Ministerriege als schamlos, niederträchtig und zutiefst antisemitisch gebrandmarkt wird.
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E R G Ä N Z U N G

„Unwürdig war dagegen, wie Israel und Russland diesen Gedenktag teilweise kaperten. Wie sie vor der offiziellen Veranstaltung sozusagen ihre eigene politische und erinnerungspolitische Privatparty feierten – mit neuen Verbalattacken gegen Polen und demonstrativ überlangen bilateralen Gesprächen zwischen Ministerpräsident Benjamin Netanyahu und Präsident Wladimir Putin.
Wie sie die Einweihung eines Denkmals zur Erinnerung an die Belagerung Leningrads gnadenlos überzogen,…“

„Erinnerungspolitische Privatparty“ …. „Erinnerung an die Belagerung Leningrads“
Auch hier eine bewusste Verachtung, schlimmer noch, eine entsetzliche Verharmlosung des Verbrechens, das Deutschlands Wehrmacht an der Bevölkerung Leningrads verübte. Es war ja nicht eine harmlose „Belagerung“, es war ein bewusstes Töten der Leningrader durch Aushungern. Bestialisch geplant und erbarmungslos ausgeführt.
Schlimmer als es Sabine Müller tut, kann man die Geschichte des Mordens kaum zu antirussischen / antiisraelschen Propagandazwecken ausschlachten – und ich wähle den Begriff mit voller Absicht, denn das ist es, eine neuerliche Vernichtung menschlicher Würde, diesmal mit Worten.
Was den Worten folgen kann, hat uns die 12-jährige Geschichte des Tausendjährigenreiches gelehrt.
Was auch immer man über Putins Macht und Diktatur denken und sagen kann, die Blockade Leningrade war ein Verbrechen. Ein Verbrechen von der deutschen Regierung geplant und ausgeübt. Dieses Gedenken an das ungeheure Verbrechens als „erinnerungspolitische Privatparty“ zu bezeichnen, ist eine weitaus größere Schande, ein überaus größeres Vergehen, als es die Verspätung Putins und Netanjahus je sein könnte.

 

 

 

Kommentare»

1. David - 25. Januar, 2020

Ja ich habe mir das auch aufgehoben, damit es zumindest lokal dokumentiert wird. Die GEZ-Medien haben ihre „besondere Art“, mit Israel umzugehen. Selbstverständlich entspringt das nicht einem freien und selbstbewußten Journalismus, sondern es ist vom System Merkel vorgegeben (wer sitzt in den Rundfunkräten? Vor allem Politiker, denen Israel im Grund meist völlig wurscht ist). Im Ergebnis kommt dann so etwas raus wie das, was die HR-Müller abgesondert hat. Im übrigen ist ihre Ahnungslosigkeit und ihre Unfähgikeit nachzudenken besonders ausgeprägt.

Höre ich Steinmeier, höre ich Müller, dann muß ich in Abwandlung des bekannten Spruches über die Indianer sagen: Für große Teile der Politik und Medien in Deutschland gilt die Devise: „Nur ein toter Jude ist ein guter Jude.“

Gerade heute läßt der DLF mal wieder Avi Primor, den ehemaligen israelischen Botschafter über den Äther zu Worte kommen, jede halbe Stunde, der Antisemitismus in Deutschland sei nicht schlimmer geworden. Das hört man gerne, so soll es den Leuten eingebleut werden, Avi Primor ist sozusagen der „Alibijude“. Allerdings ist das nur der schöne Schein.Die Flutung des Landes mit zwei Millionen oder mehr vor allem Moslems hat keine Auswirkungen auf den Antisemitismus? Wie das? Ergänzend wird dann irgendeine (gewiß bestellte) „Meinungsumfrage“ nachgeschoben: Mit Blick auf Auschwitz sei bei den AfD-Wählern der Anteil derjenigen, die ein Zuviel an Gedenken und Erinnerung sehen, besonders groß. Das durfte, völlig unreflektiert, natürlich nicht fehlen.

Ekelhaft all das, eine Schande.

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2. caruso - 2. Februar, 2020

Liebe Rika,
Du bist einfach großartig, ein seltenes Exemplar von Mensch. Bei Dir spüre ich die Echtheit, die Wahrheit – ich weiß nicht, wie ich es ausdrücken soll – Deiner Erschütterung. Sie kann nicht glaubhafter sein. Genau das vermisste ich in Steinmeiers Rede. Was er sagte, waren schön klingende Floskel. Falls er erschüttert war, dann allenfalls von der „Schönheit“ seiner eigenen Rede. – Danke, daß es Dich gibt und danke, daß ich Dich kennenlernen durfte, auch wenn nur schriftlich. Weißt Du, wenn man ca. 40 Jahre lang mit Menschen gearbeitet hat, bekommt man ein Gspür dafür, was echt/wahr ist, auch wenn man es „nur“ liest.
Viele liebe Grüße
caruso

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3. Der Antisemitismus der SZ | himmel und erde - 6. September, 2023

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