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Soll er oder soll er nicht … 3. März, 2009

Posted by Rika in Allgemein.
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zur Wahl für das Amt des Ministerpräsidenten in Thüringen antreten?

Darüber wird immer noch gestritten, wobei die Landes-CDU ein klares Votum für ihren bisherigen Ministerpräsidenten abgibt, und nur sehr verhalten und schamhaft hinter vorgehaltener Hand auch die Möaglichkeit in Erwägung gezogen wird, andere KandidatINNen zu benennen.

Neu angefacht wird die Diskussion durch die Anklageerhebung gegen Herrn Althaus.

Niemand scheint sich aber zu fragen, ob er kann oder nicht kann. Nach ärztlichem Ermessen kann der Ministerpräsident irgendwann in nächster Zukunft in seinen Job zurückkehren und die Amtsgeschäfte wieder aufnehmen – rein medizinisch betrachtet. Und psychologisch gesehen?

Was ist davon zu halten, dass der Mann nach dem von ihm verschuldeten Skiunfall immer noch Gedächtnislücken zu dem Vorgang hat, aber dennoch ein Teileingeständnis seines schuldhaften Verhaltens durch seinen Anwalt verkünden lässt?  Wie steht es um mögliche Traumata, die sich dauerhaft belastend in seiner Persönlichkeitsstruktur auswirken könnten? Ist er dem Dauerstress gewachsen, dem Politiker in diesen Positionen ausgesetzt sind?

Gestern habe ich mich mit meiner Tochter über diese Fragen unterhalten – sie ist viel milder  in ihren Ansichten zu Herrn Althaus als ich.

Wer als Mann in seiner Position wie ein Pistenrowdy fahrlässig und alle guten Regeln und Manieren missachtend einen Menschen über den Haufen fährt, weil er die eigenen Fähigkeiten sträflich überschätzt (und nicht mehr in der Lage ist, auch aus einer hohen Geschwindigkeit kontrolliert zum Stehen zu kommen***), hat in meinen Augen so gut wie  keine Milde verdient, erst recht nicht, wenn der Mensch, den er über den Haufen fährt, dabei zu Tode kommt. Auch wenn das Gericht erkennen sollte, dass „nur“ ein minderschwerer Fall einer fahrlässigen Tötung vorliegt, bleibt doch die Schuld bestehen, einen Menschen getötet zu haben – und ist das nicht eine dauerhafte Belastung für denjenigen, der mit dieser Tatsache leben muss?

Ich kann mir nicht vorstellen, dass man, mit dieser Hypothek belastet, ein Amt ausfüllen kann, in dem man  wichtige Entscheidungen treffen und vertreten muss, Verantwortung tragen und rechtfertigen muss und ständig im Licht der Öffentlichkeit steht und Rede und Antwort stehen muss in vielen Fragen und Konflikten, die ohnehin so oder so mit mehr oder weniger lauter Kritik einhergehen, egal, wer wie entscheidet.

Herr Althaus sollte einen ganz langen Genesungsurlaub antreten und das politische Geschäft in Thüringen erst einmal anderen überlassen…

*** ich meine das nicht nur ganz wörtlich, sondern auch „metaphorisch“  in Bezug auf  andere, durchaus lebenswichtige Situationen, in denen man  – auch und gerade  im Rausch der eigenen Selbstüberschätzung  –  einen sicheren Bremsweg hinlegen muss!!!

In kritischer Selbstwahrnehmung:

Vermutlich bin ich ua. so wenig milde gestimmt, weil es mich  –  je älter ich werde umso mehr  –   verärgert, wenn auf den Skipisten einige Leute ohne jede Rücksicht und nur dem eigenen Vergnügen verpflichtet so fahren, dass andere (ich) aufs Höchste gefährdet sind und oftmals nur dadurch einen Zusammenstoß mit schlimmen Folgen vermeiden, weil sie (ich) eine riskante Notbremsung machen, um dem Raser auszuweichen.  Leider hatte die getötete Beata C.  überhaupt keine Chance dem rasenden Skirowdy Althaus auszuweichen. Sie konnte doch überhaupt nicht damit rechnen, dass ihr auf „ihrer“ Piste, die sie regelgerecht  bergab fuhr ein wildgewordener möchtegern Polit-Promi bergauf fahrend entgegen kommen würde!!!  Ich finde das Verhalten der Raser dermaßen unverantwortlich, dass es mir gut in den Kram passen würde, wenn jetzt an Herrn Althaus ein eindrucksvolles  Exempel statuiert würde!  Ja, ich bin an dieser Stelle absolut intolerant! Sorry …

Soeben im d-radio gehört:

Dieter Althaus zu einer Geldstrafe von 33000 € veruteilt und zu einer Zahlung von 5000 € Schmerzensgeld an die Hinterbliebenen …

siehe auch die Berichterstattung hier und hier und hier

Der Kommentator des Deutschlandfunks hielt ein Festhalten an Althaus für die Landtagswahlen für schlicht unmöglich! Dem schließe ich mich ohne zu zögern an…

Schade, dass der Kommentar noch  nicht schriftlich vorliegt …

Kommentare»

1. Markus - 3. März, 2009

Ich finde, Du bist zu hart. Ein Unfall ist ein Unfall – keiner hat es richtig gesehen, also wissen wir auch nicht, ob er als Rowdy unterwegs war und etwas anderes passiert ist.

Ich finde es gut, dass er – obwohl er keine Erinnerung daran hat – die Schuld auf sich genommen hat.
Andere hätten bestimmt lange rumdiskutiert und – gerade in seiner Position, mit dem Wissen, was das für seine Karriere bedeuten kann – alle Schuld von sich gewiesen.

Was Deine Überlegungen zu seiner Regierungsfähigkeit betrifft, gebe ich Dir recht. Aber das wird er selber entscheiden müssen – oder seine Partei entscheidet das mit ihm zusammen.

Ich habe schon öfter gute Dinge über ihn gehört. Er ist ein gläubiger Katholik und steht manchen Dingen offener gegenüber als andere Politiker.
Ich hoffe, dass er sich wieder ganz erholt.

Hast du übrigens das hier mitbekommen?

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2. Rika - 3. März, 2009

Was das Rowdytum angeht, bin ich wirklich hart!

Ich fahre seit 1971 regelmäßig Ski und meine von daher sagen zu können, dass so ein Unfall vermutlich nicht passiert wäre, wenn Herr Althaus sich angemessen verhalten hätte – nach allem, was man in den Medien an Skizzen, Hergangs- und Tatortbeschreibungen lesen konnte.
Natürlich bewege ich mich mit meiner Einschätzung im Grenzbereich zur Spekulation, das weiß ich auch, aber ich denke, wenn man in einem unbekannten Gelände unterwegs ist, passt man seine Geschwindigkeit so an, dass man den Pistenverlauf gut einsehen und entsprechend reagieren kann – und auch wenn man im bekannten Gelände unterwegs ist, passt man vor allem seine Geschwindigkeit grundsätzlich seinen Fähigkeiten so an, dass man jederzeit die Ski unter Kontrolle kriegen kann!
Alles andere ist fahrlässig und Rowdytum!

Herr Althaus ist um einen gut sichtbaren Warnhinweis herum und bergauf in die andere Piste eingefahren, das weist eher darauf hin, dass er die Kontrolle verloren hatte und bemüht war, Fahrt rauszunehmen … er hat ja wohl nicht den ganzen Berg hinauffahren wollen 😉 … wozu auch, üblicherweise fährt man bergab!

Auch gute Katholiken können Fehler machen – und auch ich bin natürlich nicht davor gefeit … und sicher ehrt es ihn, seine Schuld einzugestehen, aber dennoch, meine Zweifel an seiner Regierungsfähigkeit bleiben – und sei dies auch nur der Tatsache geschuldet, dass ihm eben dieser schreckliche Fehler passiert ist und er sich davon nicht frei sprechen kann…

Mir tut er im übrigen sehr Leid, der Herr Althaus und ich möchte nicht in seiner Haut stecken!
*****
Hab ich gelesen … wollte Dir darauf auch antworten, hatte aber so viel an anderen Dingen zu wuppen!

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3. Rika - 4. März, 2009

Ein lesenswerter Kommentar zur Frage „Soll er, kann er muss er? sich
als Ministerpräsident wieder zur Wahl stellen.

http://www.haz.de/Nachrichten/Meinung/Uebersicht/Die-ungeheure-Last

„Althaus, der einst kraftstrotzende, sportbegeisterte Spitzenpolitiker, ist in mehrfacher Hinsicht schwer getroffen. Nach seinem Skiunfall am Neujahrstag, bei dem die 41-jährige Beata C. ums Leben kam, wirkt der Ministerpräsident „wie ein Schatten seiner selbst“.

Kann ein solcher Mann die Mammutaufgabe lösen, nicht nur ein Land zu regieren, sondern auch einen der schwierigsten Wahlkämpfe überhaupt für seine Partei zu führen? Die Frage stellen heißt sie verneinen. Aber weil sich die Thüringer CDU in eine ausweglose Lage manövriert hat, wird Althaus diese Last aufgebürdet. Hier zeigt sich, wie unmenschlich Politik sein kann.


Zwar ist Althaus nur zu einer Geldstrafe verurteilt worden, und der rasche Ausgang des Verfahrens schafft jetzt auch Rechtsklarheit. Aber das Urteil drückt immerhin aus, dass er eine Mitverantwortung am Tod der Skifahrerin trägt. Althaus hatte es an der notwendigen Vorsicht mangeln lassen – und damit diesen tragischen Unfall erst verursacht. So etwas kann jedem passieren, und es ist für jeden eine ungeheure Last. Wie viel stärker muss sie für einen Spitzenpolitiker sein, von dem ständige Präsenz, Einsatzbereitschaft und starkes Engagement für die Allgemeinheit verlangt werden?

Irgendwann kann der größte Dienst eines Politikers darin bestehen, dass er von der Bühne abtritt.“

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