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Gefährliche Christen… 27. Juni, 2010

Posted by Rika in meine persönliche presseschau.
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… mitten in Deutschland!

Hatte sich vor einigen Tagen schon eine „Theologin und Journalistin“ zu dem „fragwürdigen“ Umstand geäußert, dass der Kandidat der CDU dem Kuratorium von ProChrist angehört (ich schrieb darüber),  so sind nun auch weitere „Journalisten“ dem üblen  christlichen Treiben des Kandidaten Wulff auf die Spur gekommen und schlagen die Trommel:

Sich als aktiver Christ zu bekennen, gehört für einen CDU-Politiker zum guten Ton. Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff, der ins Schloss Bellevue einziehen will, bewegt sich mit seinem Engagement für christlich-evangelikale Kreise allerdings in durchaus fragwürdigen Kreisen.

Wohl gemerkt, es handelt sich NICHT um eine vom Verfasungsschutz observierte Gruppe oder um linke Chaoten am rechten Rand des gesellschaftlichen Spektrum, weit gefehlt, es handelt sich um äußerst gefährliche, erzkonservative Christen:

Seit 2005 sitzt Wulff im Kuratorium von Pro Christ, einer theologisch erzkonservativen Bewegung, deren Ziel die „Bekehrung von Menschen zum Glauben an Jesus Christus“ ist. Die Gruppierung organisiert mehrtägige missionarische Großveranstaltungen, die über Satellit in viele Städte übertragen werden. Charismatische Führungsfigur ist Ulrich Parzany, früher Pfarrer der rheinischen Landeskirche. Kenner der evangelikalen Szene rechnen Pro Christ dem gemäßigten Spektrum zu. Aber auch hier wird ein rigides Familienbild propagiert. Was nicht ins Bild passt wie etwa Scheidung, Abtreibung, Homosexualität, wird diffamiert. Christian Wulff ist geschieden.

Oha, natürlich ist es sehr, sehr viel, schlimmer und gefährlicher  an Jesus Christus zu glauben als an die Heilkraft von Rosenquarz oder die wohltuende Energie des Feng-Shui, an Wasseradern und Energiekreise unterm Bett, die das Schlafen verhindern!

Aha, Kenner meinen, die ProChrist -Leute seinen gemäßigte Christen, das Gefährdungspotential wäre demzufolge eher gering einzuschätzen.

Über die Gefahr, die von mehrtätgigen missionarischen Großveranstaltungen ausgeht, habe ich ja neulich schon geschrieben, nicht bewusst war mir allerdings die Tatsache, dass dabei  ein „rigides Familienbild“ propagiert wird, das vermutlich mit der modernen Gesellschaft in der wir leben, nicht kompatibel ist.  Es geht nicht an, dass Eltern auch die biologischen Erzeugern des Kindes  oder – was der Himmel verhüten möge – der Kinder sind. Alles was nicht Patchwork ist, muss verdächtig sein und Ehepaare, die amtlich verehelicht mehr als 3 Monate überstehen, sind ohnehin entweder tief gestört oder bewusst anachronistisch, beides  ist der modernen Gesellschaft abträglich.  Auch die Tatsache, dass Frauen Embryos, die zu Kindern werden können, ob zufällig  oder bewusst  ungewollt gezeugt, einfach austragen, auch wenn der Zeitpunkt gerade nicht günstig ist und ein Karriereknick droht, ist absolut nicht in Einklang mit dem modernen Familienbild und dem Selbstbestimmungsrecht der Frau. Da droht die jahrelang propagierte These: „Mein Bauch gehört mir!“, plötzlich trotz 40-jähriger Bemühungen von Emma und anderen in Vergessenheit zu geraten und, schlimmer noch, bewusst unterwandert, was heißt unterwandert, unterlaufen zu werden!  Schrecklich!

Das Thema Homosexualität

Parzany wendet sich gegen „praktizierte Homosexualität“ und ist wie viele evangelikale Christen der Meinung, Homosexualität sei heilbar. „Selbstverständlich gibt es Fachleute, die die Möglichkeit sehen, dass Menschen ihre homosexuelle Neigung verändern und dass da Hilfe möglich ist“, sagte er in einem Gespräch mit dem Grünen-Politiker Volker Beck.

lass ich hier aus, darüber habe ich schon genug gesagt, ich denke, dass das einfach zu den Standardvorwürfen gehört, die man frommen Christen macht, dass sie generell und sowieso gegen Homosexuelle sind und sie alle mit Gebet, Fasten und Gehirnwäsche umzudrehen versuchen.  Achtung, Christen nennen das, nach den Medien zu urteilen: heilen! Aufgepasst also, wenn wieder mal von Heilung die Rede ist! Das ist eine gefährliche und subversive Angelegenheit! (Ob der Herr Grüne von Beck  für die neuerlichen Behauptungen, Christen wollten Homosexuelle umkrempeln,  wieder seine Finger auf der Tastatur hatte, will ich hier nicht weiter spekulativ ausbreiten…)

Auch die überaus beliebte Frage nach dem Werden der Welt darf natürlich nicht fehlen, wenn man Christen eins auswischen will:

Auf der Internetseite von Pro Christ finden sich Äußerungen, die den Eindruck erwecken, man unterstütze die Ideologie der Kreationisten. „In der Schule lernen wir, dass nicht Gott, sondern Zufall der Ursprung war. Die Bibel dagegen sagt eindeutig: Gott ist der Anfang aller Dinge. Ohne Gott gäbe es gar nichts“, steht dort.

Ja, das steht nun mal dort. Aber für wie bescheuert halten die Autoren, die dererlei blöde Sätze schreiben, eigentlich uns Christen? Schon mal was von Differenzierung gehört? Oder davon, dass wir die Bibel weder als Biologie- noch als Geschichtsbuch missbrauchen, sondern als eine sehr spezielle Offenbarung ansehen, in der Gott sich den Menschen verständlich  – bisweilen auch höchst unverständlich – mitteilt?

Ja, Gott ist der Anfang aller Dinge und die  Unendlichkeit aller Dinge, der Ursprucng und das Ziel für den, der glaubt. Für die Menschen, die diesen Artikel geschrieben haben vermutlich nicht und deshalb können sie sich nicht vorstellen, dass der Glaube an einen Zufall weitaus spektakulärer und irrationaler ist als der Glaube an Gott den Schöpfer. Und vermutlich können sie sich auch nicht vorstellen, dass gläubige Christen beides können, sich mit den Naturwissenschaften beschäftigen, so wie sie in den Schulen und  Universitäten gelehrt werden und trotzdem an Gott glauben.  Und dass Christen sich die Freiheit nehmen, auch noch andere Denkmodelle zuzulassen als die Evolutionstheorie, an der von vielen Menschen mit geradezu fanatischem Eifer festgehalten wird, das ist natürlich die schlimmste Sünde gegen die Wissenschaft schlechthin und darum glauben viele Menschen  die Herren Darwin bis Dawkins und ihre schönen Theorien und Weltbilder  mit allen Mitteln verteidigen zu müssen, auch wenn eine Theorie nur eine Theorie ist und die Evolutionstheorie eine unter vielen Möglichkeiten darstellt, das Werden der Welt zu beschreiben – nur mal geschichtlich betrachtet, wenn man vom Scheibenmodell ausgeht… und wer weiß schon, was in 2000 Jahren die Theorie der Schöpfung sein wird!!!???  Gott aber, Gott darf mit dem nichts zu tun haben. Irrlehre und Irrglaube!

Und was fange ich mit diesem  Satz an?

Während die Amtskirchen immer weniger Mitglieder zählen, wachsen die evangelikalen Freikirchen. Mehr als 1,3 Millionen Gläubige gehören in Deutschland dieser Richtung an.

Vielleicht sollte man ein wenig differenzieren:  Es gibt Freikirchen und es gibt Evangelikale.

Freikirchen sind die christlichen Gemeinden, die vollkommen unabhängig von den großen Volkskirchen existieren.  Ihre  Mitglieder sind in der Regel in den Gemeinden sehr engagiert, sie entrichten keine Kirchensteuer  sondern finanzieren die Gemeinde und sehr viele diakonische Einrichtungen aus den freiwilligen Abgaben, die sich  auch heutzutage häufig noch an dem biblischen „Zehnten“ orientieren.  Viele Freikirchen lehnen die Taufe vo Säuglingen und Kleinkindern ab und erwarten von den Menschen, die sich aus eigener Überzeugung taufen lasse, ein klares Bekenntnis zu Christus.  In vielen Freikirchen werden die Täuflinge durch vollständiges Untertauchen getauft.  Über die theologische Ausrichtung freikirchlicher Gemeinden will ich hier nicht Stellung nehmen – es würde den Rahmen des Eintrags sprecnen.     Eine schöne Zusammenfassung zum Thema Freikirche liefert Wiki, in meiner Blogroll findet sich der Link zum Bund Evangelisch- freikirchlicher Gemeinden – Baptisten, zu dem meine Gemeinde und damit auch ich gehöre.  Selbstverständlich gibt es in Freikirchen auch Evangelikale.

Evangelikale sind aber vor allem  in den evangelischen Landeskirchen anzutreffen! Ihre geistliche Basis und ihr christliches Selbstverständnis gründet in der biblischen Offenbarung Gottes.  Über Ursprung des „Evangelikalismus“  und Verbreitung der Evangelikalen in Deutschland und der Welt gibt Wik so gut es geht Auskunft. Die hätte auch der Autor in Anspruch nehmen  und damit den etwas nebulösen Satz von den „evangelikalen Freikirchen“ vermeiden können.

Aber wenn man einer bestimmten Person etwas anhängen möchte, ist es ganz gut, ein bisschen vernebelnd die Tatsachen zu verschleiern oder sogar zu verfälschen.  Und so schreibt man dann zunächst von „fragwürdigen Kreisen“, um dann zu sagen, das Kenner die Evangelikalen dem gemäßigten Spektrum zuordnen. Und man schreibt von „evangelikalen Freikirchen“, weil sich das doch so ein bisschen nach Sekten und Irrglaube anhört und jedenfalls suspekt erscheint, obwohl man leicht feststellen könnte, dass die Mehrzahl der Evangelikalen in den großen evangelischen Landeskirchen beheimatet sind.

Aber so ein bisschen negativ muss doch berichtet werden, weil es sonst ja keinen Skandal ausmachen würde, dass auch der Kandidat für das Bundespräsidentenamt im  Kuratorium des von Evangelikalen betriebenen ProChrist sitzt.

Wobei man doch eigentlich auch die Tatsache erwähnen könnte, dass der Katholik Wulff sich für missionierende Protestanten einsetzt… DAS wäre vermutlich noch vor 30 Jahren ein Grund für öffentliche Kritik gewesen, aber heute, heute ist die bloße Tatsache, dass sich  jemand als Christ bezeichnet und bekennt, an Gott zu glauben schon ein Grund, der  ihn nach Meinung der links-säkularen Politpropaganda  in der säkularen bundesrepublikanischen Gesellschaft als Präsidentschaftskanditat disqualifiziert – dann schon lieber einen bekennenden grün-atheistisch-links-autonomen  Dackelbesitzer!

„Die Religionsauffassung und die gesellschaftspolitischen Positionen von Pro Christ passen nicht zur Rolle eines Präsidenten in einem säkularen Staat“, sagte die Vorsitzende der Linksfraktion im niedersächsischen Landtag, Kreszentia Flauger, und forderte Wulff auf, sich aus Pro Christ zurückzuziehen, bevor die Bundesversammlung kommende Woche zusammentritt. „Wer dieses Amt bekleidet, darf keine Hetze gegen Schwule unterstützen, oder gegen Frauen, die abgetrieben haben.“

Wie unsagbar bescheiden ist doch der „Durchblick“ der Frau Kreszentia Flauger in die „Machenschaften der Christen“…

Aber als sei das alles nicht genug, wird jetzt auch noch Wulffs Beziehung zum ACP  gerügt.  Hinter dem Kürzel verbirgt sich nicht etwa  die „Alternative Christliche Partei“, eine (mögliche Splittergruppe der CDU), sondern der „Arbeitskreis Christlicher Publizisten“ – und dieser Verein steht nach Meinung der Weltanschauungsbeauftragten der Kirchen in Baden Württemberg sooooo weit rechts am äußersten Rand des Protestantismus, dass man schon gar nicht mehr hinschauen kann und ein aufrechter christlicher Publizist sich nie und nimmer in dieses Gremium trauen würde.

Hans-Jörg Hemminger, Sektenbeauftragter der evangelischen Landeskirche Württemberg, bezeichnete den 1972 gegründeten ACP als „Splittergruppe am äußersten rechten Rand des Protestantismus“. Sie unterhalte Kontakt mit rechten Sekten und biete ultrarechten bis rechtsextremen Parteien ein Forum. Die Zeitschrift des ACP sei ein „Schmutzblatt erster Güte“. „Mit dem ACP sollten seriöse Politiker nichts zu tun haben“, sagte Hemminger. Dass Wulff dort auftritt, sei „politisch bedenklich“.

Mutmaßliche Kontaktpersonen zu Sekten, Ultrarechten und Rechtsextremen und andere Verdächtige, die ein  Schmutzblatt erster Güte herausbringen…

Wulffs Engagement für den ACP ist kein Versehen. Wulff sei die weltanschauliche Ausrichtung des ACP bekannt gewesen, sagte Kultusminister Bernd Althusmann (CDU) in einer Landtagsdebatte. „Wulff hatte Gelegenheit, die Ernennung von Aygül Özkan zu erläutern und in der Kruzifixdebatte die Maßstäbe zurechtzurücken.“ Auch Ernst Albrecht, Wulffs Vorgänger im Amt des niedersächsischen Ministerpräsidenten, suchte die Nähe rechtskonservativer Kreise. Bei der ACP-Tagung im Mai wurde Albrecht geehrt, wie früher dort auch schon Hans Filbinger und Theodor Oberländer.

Ich bin bekennnde NICHT-CDU-WÄHLERIN und als alte Genossin nicht unbedingt eine Freundin von CDU-Parteivorsitzenden und CDU-Landesvätern, ich würde auch nicht Herrn Wulff, sondern eher den Herrn Gauck zum Bundespräsidenten wählen, hätte ich denn die Möglichkeit dazu, doch  die Gründe, die der Tagesspiegel gegen Christian Wulff ins Feld führt, könnten mich dazu bringen ihm gerade darum meine Stimme zu geben.

Die Zitate stammen aus einem Artikel im Tagesspiegel

Kommentare»

1. Rika - 28. Juni, 2010
2. Faustjucken - 30. Juni, 2010

Wulff – Ein grauer Parteisoldat wird Bundeswurmfortsatz…

Kann man sich einen langweiligeren, konturloseren und sinnraubenderen Person als xxxxx , Pardon, Bundespräsident vorstellen als den biederen Herrn Christian Wulff aus Niedersachsen? So brav, bieder und langweilig wie eine holländi…

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3. Rika - 30. Juni, 2010

@ faustjucken,
ich habe mir erlaubt, Zensur zu üben. Wenn Sie in Ihrem Blog ähnliche Begriffe benutzen, wie denjenigen, der hier urspünglich stand, ist das Ihre eigene Sache.
Christian Wulff ist nun wahrlich nicht „mein“ Kandidat und man kann ihn durchaus konturlos und langweilig finden, was er bei genauerem Hinsehen allerdings ganz und gar nicht ist, aber ich möchte trotz anderer eigener politischer Einstellung die Würde seiner Person wahren.

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