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Trübe Aussichten… 11. Juli, 2022

Posted by Rika in aktuell.
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„Man“ hätte es doch wissen müssen, zumindest aber wissen können, dass die gegen Russland ausgesprochenen Sanktionen nicht unbeantwortet bleiben würden.

Können unsere Politiker denn wirklich so naiv gewesen sein, sich nicht über die Folgen ihrer Handelsbeschränkungen, die sie Russland auferlegten, im Klaren gewesen zu sein und sich stattdessen – wie ich ja immer wieder staunend und vollkommen irritiert beobachtet habe – immer stärker von Journalisten antreiben zu lassen, noch mehr Solidarität zu zeigen, noch mehr Waffen zu liefern, noch mehr Sanktionen auszusprechen, noch mehr Verbündete für diese Art der Kriegsbeteiligung zu gewinnen?

Aus amerikanischer Sicht scheint es eine gute Strategie zu sein, Russland weiter und weiter isolieren und kalt stellen zu wollen, aber die kalten Füße werden in diesem Fall weder die Amerikaner, noch die Russen haben, verfügen sie doch über genug Energie, den Krieg bis in den Winter und darüber hinaus zu tragen. Auch wird die amerikanische Wirtschaft kaum unter den Sanktionen zu leiden haben, weder müssen sie aus Energiemangel die Produktion stilllegen, noch verlieren sie einen großen Handelspartner und Abnehmer ihrer Produkte. In Europa sieht das aber schon ganz anders aus.

Die Abhängigkeit von den russischen Energieträgern und das Wegbrechen des Marktes in Russland bringt für europäische – und speziell für deutsche Unternehmen – erhebliche Risiken mit sich. Man muss doch nicht Wirtschaftsminister sein, um sich das an 5 Fingern abzählen zu können.

Und was meint Herr Müller mit sehr, sehr schlimm?

„Sollte wirklich gar kein Gas mehr aus Russland kommen, befürchtet Müller eine schwierige Versorgungslage in Deutschland. Solch ein „worst case“ „sieht leider sehr, sehr schlimm aus, muss man deutlich sagen“, sagte er im ZDF. „Das heißt, in dem schlimmsten Fall, wenn also kein Gas mehr aus Russland käme.“

Dabei komme es auch auf ein paar Parameter an: „Wie schnell sind wir mit den Flüssiggas-Terminals, die die Bundesregierung beschafft? Wie stark können wir selber Gas einsparen“, zählt Müller auf. „Aber es gab mehrere Szenarien, nach denen wir in eine Gas-Notlage reinrutschen würden. Das hieße, es wäre zu wenig Gas da.““ Quelle https://www.zdf.de/nachrichten/politik/gas-versorgung-bundesnetzagentur-mueller-ukraine-krieg-russland-100.html

Meint sehr, sehr schlimm lediglich, dass Wohnungen kalt bleiben, Krankenhäuser genauso wenig geheizt werden können – und darum still gelegt werden müssten – wie Altenheime und Schulen? Meint er nicht vielmehr, dass darüber hinaus in Deutschland das Licht ausgehen wird, weil in den Gaskraftwerken die Turbinen nicht mehr laufen und es eben nicht nur an Gas, sondern auch an elektrischer Energie in den Fabriken für Maschinen und Produktionsanlagen, in Haushalten für das Betreiben der auf Energie angewiesenen Geräte wie Kühlschrank, Waschmaschine, Heizungsanlage, Herd und Licht und öffentlichen Gebäuden und Einrichtungen an allen Ecken und Enden, die mit Strom versorgt werden, fehlen wird?

Bei einem Blackout, so war vor einiger Zeit und lange vor dem Ukraine-Desaster zu lesen, funktioniert nämlich binnen kürzester Zeit auch die Versorgung mit Frischwasser ebenso wenig, wie die Entsorgung des Brauchwassers (inklusive Toilettenabwasser)… Bei dem Modell zum Blackkout war von der Ukraine noch gar keine Rede, da ging es um die Frage, ob nach der Abschaltung der Atomkraft- und der Kohlekraftwerke die Energiesicherheit gewährleistet wäre – zu dem Zeitpunkt waren alle Gaskraftwerke noch in der Lage, Volllast zu fahren, fallen die aber aus, weil das russische Gas ausbleibt und die Speicher leer sein werden, kann man doch mit allem Fatalismus nur noch „Gute Nacht, Deutschland“ sagen und versuchen, in irgendeiner Form das private Leben doch noch zu bewältigen.

Irgendwo las ich den zynischen Rat, man könne ja – wenn die Wohnungen nicht mehr beheizt werden können – für die Rentner „Wärmestuben“ nach dem Vorbild der Adolf’schen Kriegsjahre einrichten. Hey, da kommt richtig Freude auf.

Freudig werden die Nordlichter wohl auch auf diese Sätze reagieren:

„Müller appellierte an alle, Gas zu sparen. „Man muss die Lage genau beobachten, gleichzeitig aber alles dafür tun, jetzt schon Gas einzusparen, die Heizung zu optimieren, in der Familie zu diskutieren, in der Industrie sich vorbereiten.

Aus Sicht der Bundesnetzagentur gelte es auch, ein Nord-Süd-Gefälle in Deutschland bei der Gasversorgung zu verhindern. Daher würden die Speicher im Süden gezielt gefüllt.“

Ich kann diese Darstellung nur so verstehen, dass es gar nicht um die „Gasversorgung“ als solche handelt, sondern um die Bereitstellung von Energie durch Gaskraftwerke. Im Norden scheint die Energieversorgung gesichert zu sein, da sich dort ausreichend genug Windräder drehen, die verhindern sollen, dass wir völlig im Dunkeln stehen, da im Süden aber – Dank der jahrelangen Blockadehaltung der Südländer – weder Windkraft noch Trassen vorhanden sind, eigenen Strom zu produzieren oder den aus dem Norden nach Bayern zu liefern, müssen dort die Gaskraftwerke ungehindert laufen. Sind das nur meine Hirngespinste oder trifft es exakt ins Schwarze? (Es mag allerdings auch möglich sein, dass die Gasspeicher des Nordens einen höheren Füllstand haben…. immerhin kam bisher das meiste russische Gas in den nördlichen Bundesländern an….)

Wie auch immer, ich plädiere immer dringlicher dafür, einen Waffenstillstand auszuhandeln, bei dem auch die Ukraine Zugeständnisse machen muss.

Ich weiß, dass diese Forderung nicht sehr populär ist in Deutschland, Aber ich denke – und an der Stelle sehe ich es grundsätzlich anders als Frau Baerbock, die meint, man könne Sicherheitspolitik nicht mehr mit, sondern müsse sie ohne Russland betreiben – dass es eine Zeit nach Putin geben wird, auf die man jetzt schon hinarbeiten muss. Wir West- und Mitteleuropäer können mit diesem sehr großen Land an unseren östlichen Grenzen auf Dauer nicht OHNE gemeinsame Friedensbemühungen MIT Russland leben.

Herr Biden mag das anders sehen, er spielt seine eigene Musik nach eigenen Noten, er gibt den Takt vor und den Ton an. Ob es uns gefällt oder nicht, ist nicht von Interesse.


Leseempfehlung: https://zettelsraum.blogspot.com/2022/07/randnotiz-venezuela-als-vorbild-und-wer.html#more

Zitat aus dem Text: „Nach jetzigem technischen Stand, nach dem was überhaupt irgendwie möglich oder denkbar ist, muss ein Land, wenn es weiter so viel Energie verbrauchen will wie bisher, entweder Kohle, Öl oder Atomkraftwerke bauen. Oder  mit Russland Frieden schließen und sich diesem auf Gedeih und Verderb ausliefern. Die Alternative dazu ist schlicht die Reduktion der Lebensqualität. Womit wir in Venezuela sind, wo die Regierung ihren Bürgern auch den immer engeren Gürtel vorschreibt.“